
Eisenbahn Allgemein:
Bereits um 1971 wurde vom Eisenbahnhistoriker
und Modellbauer Günter Barthel die Entwicklung
der Eisenbahn in Epochen eingeteilt und definiert. Später
erfolgte eine Feingliederung. Schon vor 1989 haben sich
zahlreiche westdeutsche Verlage und Modelleisenbahnhersteller
dieser Epochen bemächtigt, ohne allerdings je
den Urheber zu benennen. Dies soll hier unbedingt nachgeholt
werden. Kein anderer als Günter Barthel war es, der
eine solche Einteilung vornahm als auch den Begriff "Epoche"
selbst prägte!
Epoche Zeitraum
Epoche I bis 1840 Beginnphase der Eisenbahn
Epoche II 1840
bis 1880 Landerschließung, die Eisenbahn wird durchgesetzt
Epoche III 1880
bis 1920 Länderbahnen
Epoche IV 1920
bis 1945 Reichsbahnzeit
Epoche V 1945
bis 1992 Bundesbahnzeit (BRD), Reichsbahnzeit (DDR)
Epoche VI ab 1992 Privatisierung der Bundesbahn zur
Deutsche Bahn AG

Geschichte der deutschen Eisenbahn
Epoche I : bis 1840 - Beginn
In dieser Epoche beginnt das Eisenbahnzeitalter in Deutschland.
Aber nicht mit der ersten Bahnstrecke von Nürnberg
nach Führt 1835. Davor gab es bereits Werkbahnen, insbesondere
auf den Zechen. Die Technik in dieser Zeit wird durch England
bestimmt, die Lokomotiven und die Lokführer, die meisten
Ingenieure und selbst die Schienen müssen aus England
importiert werden.
Epoche II: 1840 bis 1880
Länderschließung, die Eisenbahn
wird durchgesetzt
In dieser Zeit wird die Eisenbahn als neues Verkehrsmittel
überall in den deutschen Staaten (ab 1871 im Kaiserreich)
durchgesetzt. Weigelt (1985, 24) spricht von der ersten
"verkehrlichen Revolution", weil die Eisenbahn
die früheren Transportmittel ablöst. Eisenbahnreisen
wird zu einer neuen, weit verbreiteten Tätigkeit in
vorher kaum vorstellbarem Ausmaß. Dies gilt auch für
den Güterfernverkehr.
Die Technik in dieser Phase zeichnet sich durch die zunehmende
Zahl deutscher Fabriken aus, die sich der neuen Transporttechnik
annehmen. Lokomotiv- und Waggonfabriken entstehen überall
in den deutschen Ländern, Schienen und anderes Material
wird entwickelt und hergestellt. Probleme gibt es im Betrieb,
wenn - auf Bahnhöfen etwa - die einzelnen Bahngesellschaften
ihre eigenen Bahnhöfe und ihre eigenen Vorschriften
haben. Nur die Spurweite ist bei nahezu allen deutschen
Bahnen gleich (bis auf Hohenzollern!). Nur langsam kommt
es allerdings zu einigen Vereinheitlichungen (Normwesen!).
Epoche III : bis 1880 bis 1920
Länderbahnen
In dieser Zeit werden die Länderbahnen ausgebaut und
die Eisenbahn erlebt ihre große Blütezeit. Bis
1914 gibt es einen raschen Ausbau der Fernstrecken und zahllose
Nebenbahnen entstehen als Zubringer. Die Gleislänge
der Nebenbahnen wuchs von 1880 bis 1913 von rund 3400 km
auf über 23 000 km an. Diese Nebenstrecken sind vielfach
privat organisiert und oft schlecht finanziert. Diese Glanzzeit
ist auch ökonomisch erfolgreich, fast alle Eisenbahnen
führen zu großen Gewinnen. Dies macht es möglich,
neue repräsentative Bahnhöfe zu bauen und viele
technische fortschrittliche Erfindungen zu übernehmen,
so beispielsweise den elektrischen Telegraph. Zwischen den
Kopfbahnhöfen der früheren Privatbahnen werden
Verbindungsbahnen gebaut und dann die neuen Bahnhöfe
(beispielsweise in Berlin und in Hamburg. Die Normung der
verschiedenen Betriebsmittel der einzelnen Länderbahnen
schreitet zwar voran, kommt aber noch nicht zum Durchbruch.
Die heute noch erkennbaren umfangreichen Bahnanlagen in
den Großstädten, aber auch in Kleinstädten
und sogar in kleineren Örtern wurden beim Ausbau der
Strecken angelegt. Viele Bauten stammen noch aus dieser
Epoche.
Diese Zeit endete mit dem Ersten Weltkrieg,
der große Verluste an Material, aber auch an Verkehrsaufgaben
mit sich brachte. Mit dem zunehmenden Einsatz von Autos
wurde gegen Ende der Epoche eine neue Konkurrenz erkennbar.
Epoche IV : 1920 - 1945 Reichsbahn
1920 werden die Länderbahnen zur Reichsbahn zusammengeschlossen.
Die Zeit des Ausbaus des Schienennetzes und der Bahnhofsbauten
geht zunächst zu Ende. Mangelndes Geld nach dem verloren
Krieg und neue Verkehrsmittel, das Auto und auch die Flugzeuge
nehmen zu. Die Bahn wird vom gewinnenbringenden Betrieb
zu einem Verlustgeschäft. Durch den Zusammenschluß
kommt es aber zu einer Vereinheitlichung im technischen
Bereich. Statt zuvor 230 verschiedene Lokomotivtypen gab
es bei der Reichsbahn nur noch 130. Es gab neue Entwicklungen
im Schnellverkehr (beispielsweise den Schienenzeppelin von
Kruckenberg oder die im Liniendienst fahrenden "Fliegenden
Hamburger" auf der Strecke Hamburg - Berlin, den "Fliegenden
Kölner" von Köln nach Berlin u.a.) und neue
Schnellzug-Dampflokomotiven, die an die Grenzen des mit
dieser Technik Möglichen in Geschwindigkeit und Zugkraft
heranreichten. So konnte die Reisegeschwindigkeit bei den
Fernzügen auf über 100 km/h erhöht werden.
Neben die Dampflokomotiven traten Diesellokomotiven und
auch Elektrolokomotiven hinzu.
Ab Mitte der 30er Jahre wurde zunehmend
die Bahn für die Kriegsvorbereitung der Faschisten
vereinnahmt. Parallel dazu förderten die Faschisten
den Bau von Autofabriken (=Volkswagen) und den Bau von Autobahnen.
Damit schufen sie die Basis für den wachsenden individuellen
PKW und den LKW-Verkehr. Letzterer auch mit dem Ziel der
Kriegsvorbereitung. Im Krieg wurde die Reichsbahn für
den Kriegstransport genutzt und auch für die Transporte
von Juden und politischen Gefangenen in die Vernichtungslager.
Epoche V: bis 1945 bis 1992
Bundesbahn (BRD) - Reichsbahn (DDR)
Durch die Teilung Deutschlands kam es zu der getrennten
Entwicklung der Bundesbahn in der Bundesrepublik Deutschland
(BRD) und der Reichsbahn in der Deutschen Demokratischen
Republik (DDR).
Nach dem Krieg waren fast alle großen Eisenbahnknotenpunkte,
viele Brücken und Bahnhöfe sowie eine große
Zahl von Lokomotiven und Waggons zerstört. Der Aufbau
ging in beiden deutschen Staaten nur zögerlich voran.
Deutsche Bundesbahn
Es fehlte zunächst das Geld, aber auch
der politische Wille. Bald wurde die Orientierung auf den
individuellen Nahverkehr deutlich, die Förderung der
privaten PKW und der deutschen Automobilindustrie. Damit
wurde die zweite verkehrliche Revolution eingeleitet. In
dieser Folge wurden in den 50er Jahren viele Nebenbahnen
eingestellt, deren Betrieb sich nicht mehr lohnte. Die Konkurrenz
zum privaten PKW und zum Busverkehr zwang auch zur Aufgabe
von vielen Regionalstrecken. So wurden bis Mitte der 80er
Jahre über 8.000 km Strechen auf Busbetrieb umgestellt
und über 3.500 km ganz stillgelegt. Deshalb entfielen
auch viel kleine Bahnhöfe.
Trotzdem ist diese Epochen von herausragenden technischen
Entwicklungen geprägt. 1977 wurde im Bereich der Deutschen
Bundesbahn die "Dampfzeit" beendet. Der Verkehr
wurde auf Dieselantrieb und auf den größeren
Fernstrecken auf elektrischen Antrieb umgestellt. Auch die
Bedienung der Weichen und die Signale wurden nach und nach
auf elektrischen Betrieb umgestellt, ab Beginn der 90er
Jahre mit Mikroprozessorsteuerung.
Der Ausbau des Nahverkehrs mit neuen S-Bahnen (München,
Stuttgart, Ruhrgebiet ...) wurde vorangetrieben und die
bestehenden Netze (Hamburg) erweitert und modernisiert.
Im Fernverkehr wurde zunächst der Inter-City-Betrieb
(IC) und später dann der Inter-City-Expreß (ICE)
Betrieb mit neuen, hochmodernen und sehr schnellen Zügen
eingerichtet.
Die Bedeutung des Güterverkehrs nahm generell stark
ab, zu Gunsten des LKW-Verkehrs. Die früher bei fast
allen Bahnhöfen üblichen Güterannahmen und
der entsprechende Betrieb mit den Laderampen und den notwendigen
Betriebsgleisen für die verschiedensten Güterwaggons
und deren Rangieren wurde zunehmend eingestellt.
Deutsche Reichsbahn (DDR)
Die Deutsche Reichsbahn der DDR hatte noch größere
Schwierigkeiten bei Aufbau. Zahlreiche Lokomotiven und Waggons
und anderes Material mußten nach dem Krieg an die
Sowjetunion oder andere Länder abgegeben werden. Der
Aufbau ging deshalb noch langsamer von statten als in der
Bundesrepublik. Dafür blieben eine größere
Zahl von Nebenstrecken bis zu Vereinigung von Reichsbahn
und Bundesbahn 1992 erhalten. Der private PKW-Verkehr wurde
in der DDR nicht mit dem politischen Eifer unterstützt
wie in der BRD. Die Elektrifizierung ging wegen des Mangels
an Strom und der Kosten nur langsam voran, so dass in der
DDR neben den traditionellen Dampflokomotiven vermehrt Diesellokomotiven,
auch aus sowjetischer Fertigung eingesetzt wurden, von denen
eine ganze Zahl bis heute (im Jahr 2000) auch in den Ländern
der alten Bundesrepublik eingesetzt werden (beispielsweise
im noch kaum elektrifizierten Schleswig-Holstein).
Auch konnten viele Bahnhöfe und selbst
das Streckennetz nur sehr bescheiden erneuert und erhalten
werden, so dass nach der Vereinigung ein erheblicher Modernisierungs-Rückstau
bestand. Dies läßt sich bis heute (2000) noch
an zahlreichen kleineren Stationen und entlang der Strecken
beobachten.
Ein Sonderfall der Eisenbahngeschichte von
1945 bis 1992 ist in der geteilten Stadt Berlin festzuhalten.
Die Eisenbahnverwaltung lag bei der DDR-Reichsbahn
und der Betrieb der Berliner S-Bahn wurde auch in
den westlichen Stadtteilen (Sektoren) von der DDR wahrgenommen.
Hierdurch ergaben sich politisch brisante Entwicklungen.
Epoche VI : ab 1992 - Privatisierung
Nach der Vereinigung der beiden deutschen
Staaten und den damit verbundenen gesellschaftlichen und
ökonomischen Veränderungen wurde der Weg zu Vereinigung
der beiden Eisenbahnsysteme frei und die daran anschließende
Privatisierung der staatlichen Bundesbahn. Die neue Unternehmensform
einer AG (deren Aktien zunächst weiter von Staat gehalten
werden) stellt die Eisenbahn in die freie Konkurrenz mit
allen anderen Verkehrsträgern, vor allem dem PKW-Verkehr
im Personenbereich und dem LKW-Verkehr im Gütertransport.
Der zunächst bestehende Modernisierungsstau in den
neuen Bundesländern soll durch eine Anzahl auch die
Eisenbahn betreffende Verkehrsprojekte beseitigt werden
(vgl. Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1, die Eisenbahnstrecke
Lübeck - Bad Kleinen). Inzwischen wurden zahlreiche
Bahnhöfe renoviert und Strecken neu ausgebaut und elektrifiziert.
Parallel dazu wurde mit großen finanziellen Aufwand
die Modernisierung des Fernverkehrs mit dem Neubau von ICE-Strecken
und neuen Entwicklungen bei den Zügen vorangetrieben
werden. Diese Fernzüge ermöglichen Gewinne und
sollen in einem entsprechenden attraktiven Umfeld als neuer
"Erlebnisraum" eingebettet werden. Hierzu gehört
auch der Neu- bzw. Umbau von vielen größeren
Bahnhöfen.
Während die Fernstrecken ökonomisch nützlich
sind und Gewinne abwerfen, können diese im Regionalverkehr
nicht erwirtschaftet werden. Dieser Regionalverkehr wird
zur gemeinsamen Aufgabe der Region (Bundesländer) und
der Bahngesellschaft gemacht, dabei steht die Deutsche Bahn
AG jedoch in zunehmender Konkurrenz zu anderen privatwirtschaftlichen
Eisenbahnen, die zum Teil mit ausländischer Finanzbeteiligung
in diese Marktsegmente eindringen. Besondere - aber eher
lokale und nicht ökonomisch motivierte - Beachtung
finden dabei kleine Bahn-Unternehmen, die neue Formen des
Verkehrs anbieten. Beim Pokern um Kosten stehen selbst solche
Strecken vermehrt zur Disposition, die sich nicht annähernd
mit Gewinn betreiben lassen, aber regionalpolitisch als
bedeutsam eingeschätzt werden. Der poltisch-ökonomische
Spagat zwischen der gesellschaftlichen Forderung nach wirtschaftlichem
Betrieb und nach Betrieb auch unrentabler Strecken sorgt
immer wieder für heftige Diskussionen.
Ein Sonderfall der Eisenbahnentwicklung
um die Jahrhundertwende ist in dem Vorhaben der Realisierung
des Transrapid zu sehen. Mit dieser Hochgeschwindigkeitstechnolgie
sollte eine neue Epoche des schienengebundenen Verkehrs
eingeleitet werden. Die Planung der Strecke Hamburg - Berlin
war schon weit gediehen, als die Kosten der Planung und
des Baues so rasch wuchsen, dass die bereits vertragliche
Finanzierung zusammenbrach. Die neue Bundesregierung wollte
die Mehrkosten nicht mehr allein tragen - die deutsche Industrie
und die Bahn wollten sich an den Mehrkosten nicht beteiligen
- so stoppte die Regierung deshalb die Planungen im Frühjahr
2000.
Die weitere Entwicklung der Bahnen und ihre
Rolle im gesamten Verkehrsgeschehen, ihre Rolle im gesellschaftlichen
Schlüsselproblem Transport und Verkehr, befinden sich
in einem andauernden Schwebezustand. Der Ausgang dieser
Entwicklung ist kaum mittelfristig vorauszusehen. Es bleibt
eine spannende und gesellschaftlich bedeutsame Aufgabe die
Entwicklung zu verfolgen und auf der einen oder anderen
Ebene sich auch als Nutzer der verschiedenen konkurrierenden
Verkehrssysteme durch sein Verhalten so oder so gestaltend
an der zukünftigen Entwicklung zu beteiligen.
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